Veganer Stammtisch im Kirnbacher Hof


Die Initiative „Kinzigtal goes vegan“ ist kürzlich zum Stammtisch im „Kirnbacher Hof“ zusammen gekommen, um Informationen auszutauschen und natürlich zu essen. Der SchwaBo hat sich mit dem Gründer der wachsenden Gruppe danach in Hausach getroffen.
Mittleres Kinzigtal/Kirnbach/Hausach. Es gibt veganes Cordon bleu und ein ebensolches Pfifferlingsüppchen beim Mittagessen mit dem Gründer der Gruppe „Kinzigtal goes vegan“ (Kinzigtal wird vegan) im Hausacher „Hechtsberg“. Mittlerweile hat Sven Götz eine ganze Reihe von Gaststätten, Einkaufsmärkte und Bäckerein zwischen Loßburg, Schramberg, Offenburg und Bühl ausfindig gemacht und in der Google-Maps-Karte auf der Internet-Seite der Gruppe markiert. Je nach Farbe ist ersichtlich, wo das Thema „vegan“ bekannt ist und ob es in den Lokalen entsprechende Vorspeisen, Hauptgänge und Desserts gibt.
„Der Gastroführer ist ein bisschen aus der eigenen Not heraus geboren“, berichtet der 43-Jährige Hausacher, der mit seiner Frau und den beiden Kindern im Mai 2015 den Entschluss fasste, vegan zu werden. Viele Bücher zum Thema und ein halbes Jahr später gründete er Ende 2015 die Facebook-Gruppe „Kinzigtal goes vegan“, der mittlerweile 120 Mitglieder aus der Gegend von Waldmössingen bis Kehl beigetreten sind.
Seit dem ersten Stammtisch im Februar hat sich die Initiative zu zahlreichen Aktivitäten wie einer Kräuterwanderung, einem Kochkurs und einem Filmdinner getroffen. Alle drei Monate lädt Götz zum Stammtisch ein. Beim jüngsten Treffen im „Kirnbacher Hof“ referierte nach dem veganen Essen ein Ernährungsberater.
Parallel zum immer größeren Netzwerk ist auch der Online-Auftritt gewachsen, denn Götz tritt mit den Supermärkten in der Region in Kontakt, fragt nach deren Angebot für Veganer und darf die Visitenkarten der Gruppe in die Veggi-Ecke oder zur Theke stellen. So möchte der studierte Medieningenieur einen Win-Win-Effekt für seine Initiative und diese Supermärkte und Gastronomien schaffen – und natürlich für die vegane Sache werben. „Der Name ist Programm“, betont Götz, der mit acht weiteren Gruppenmitgliedern einen Strategie-Workshop gemacht hat: Mit Ausrichtung, Zielgruppe, Maßnahmen möchte er der Maxime „Kinzigtal goes vegan“ mit modernen Businessmethoden zum Erfolg verhelfen. Denn sein Ziel ist es nicht nur, ein Forum für Veganer in der Region auszubauen, sondern auch mit dem veganen Gedanken zu überzeugen.
Vegan sein heißt, keinerlei tierische Produkte zu konsumieren. Das beginnt bei den Nahrungsmitteln und umfasst Produkte wie Schuhe, Gürtel, aus Leder oder Daunen. „Das sind keine Abfallprodukte der Fleischindustrie“, sagt Götz. Nach ethischen und gesundheitlichen Motiven für eine solche Ernährungsweise nennt er als Gründe für Veganismus die Tierhaltung und Umweltschutz wegen der Auswirkungen, die die Massentierhaltung auf das Klima hat.
„Es ist ein unglaublicher Hammer, dass es sich am Ende nur auf unseren Genuss reduzieren lässt“, findet er. Das sei ein „total egoistisches Ding“. Man müsse 300 Kilometer Fahren, damit das Auto die Abgase ausstoße, die bei der Tierhaltung für die Produktion von einem Kilogramm Fleisch entstehen. Genauso würden 15 000 Liter Wasser für die gleiche Menge Rindfleisch benötigt, nennt er Beispiele.
Nicht Missionieren
Missionieren will er allerdings nicht. „Ich kann eigentlich nur informieren“, sagt Götz. Er selbst habe früher Metzelsupp und „alles andere vom Tier gegessen“. Die eigene Gesundheit, das Tierleid, die Umwelt und soziale Gerechtigkeit waren für ihn die Gründe, Veganer zu werden. „Für mich ist der Einstieg in ein veganes Leben der Einstieg in eine empathischere Gesellschaft“, sagt Götz.
Den Vorbehalten, eine vegane Lebensweise führe zu Mangelernährung, hält er entgegen: „Ist es garantiert, dass man sich mit Fleisch- und Milchprodukten nicht mangelhaft ernährt?“ Sei es nicht auch einseitig, einmal pro Woche Schnitzel und Pommes zu essen, hinterfragt er.
Für einen ausgeglichenen Nährstoffhaushalt achtet er auf ausreichend eisenhaltige Lebensmittel plus Vitamin C. „Dann können wir noch Vitamin B12 dazunehmen“, berichtet er, „alles andere, was Fleisch- und Milchprodukte beinhalten, gibt es in Hülsenfrüchten, Gemüse und Co.“ Die Familie habe daher eine vielfältiger bestückte Speisekammer als je zuvor, beziehe eine große Biokiste, esse viel Nüsse und Hülsenfrüchte. Götz checkt aus Interesse auch einmal jährlich sein Blut.
Anfangs sei sein Umfeld skeptisch gewesen. Als Erste hätte wider Erwarten dann jedoch die Großmutter auf vegan umgestellt. Auf die Aussage von Freunden – „weißt du, für mich hat das Leben auch was mit Genuss zu tun“ – antwortet Götz gerne mit: „Für mich auch.“ Er rät vegane Gerichte zu probieren und witzelt: „Wir essen nicht nur Gras und Steine.“